Möglich oder unmöglich: fließend Russisch in einem Jahr

Samstag, 30. August 2008

Sprachen lernen allgemein

Wie lernt man eine neue Sprache? Vermutlich jeder hier hat zumindest Englisch-Unterricht in der Schule - mehr oder weniger - genossen, vielleicht auch eine andere Sprache. Wenn ich mich an meinen eigenen Englisch-Unterricht erinnere lief das im Allgemeinen in einem ganz bestimmten Schema ab:
  • In der Schule wurde gemeinsam ein Text gelesen und neue grammatikalische Besonderheiten vorgestellt.
  • Anschließend wurden meistens Fragen zu dem Text gestellt - den man zu dem Zeitpunkt noch garnicht richtig verstanden hatte, jedenfalls nicht immer. Manchmal war das auch Teil der Hausaufgaben.
  • Dauerbrenner war in jedem Fall das Lernen von neuen Vokabeln.
  • Mit den neu gelernten Sätzen wurden natürlich Beispiel-Dialoge geführt: Hello! My name is Sascha. What's your name? Und so weiter...
Nach dieser Methode, besonders der klassischen Methode des Vokabel-lernens aus Vokabelheften oder mit Vokabelkarten, werden die Sprachinformationen Tabellenförmig gespeichert. Eine bestimmte Vokabel hat eine Bedeutung in meiner Muttersprache, eine gewisse grammatikalische Struktur wird in dem und dem und dem Fall verwendet und diese und jene Bedeutung.
Nach neun Jahren Englischunterricht, diversen auf Englisch gelesenen Romanen (aus Sprachinteresse) und Internetseiten und einigen Gesprächen mit amerikanischen Freunden glaube ich, dass ich ganz gut mit der Sprache klar komme - jedenfalls habe ich die letzten drei Monate in England ohne größere Probleme überstanden. Aber ist die oben geschilderte Methode wirklich der Heilige Gral des Sprachen-lernens, verarbeitet mein Gehirn die so erhaltenen Informationen auch sinnvoll als Sprache? Und was mache ich, wenn ich eben nicht neun Jahre und mehr oder weniger geduldige Lehrer zur Verfügung habe, sondern wie in diesem Selbstversuch z.B. in einem Jahr autodidaktisch Russich lernen will? Und außerdem, wie lernen den Kinder ihre Muttersprache, ohne dabei eine vorhandene Muttersprache als Referenz zu haben?

Vera F. Birkenbihl, Autorin diverser Bücher und Leiterin des Instituts für Gehirn-gerechtes Arbeiten, ist diesen Fragestellungen nachgegangen und hat eine andere Methode zum Lernen von Sprachen ausgearbeitet und in Ihrem Buch "Sprachenlernen leichtgemacht!" vorgestellt. Sie versucht in einigen Teilen, das kindliche Lernen der Muttersprache nachzuempfinden, ohne dabei die erworbenen Kenntnisse oder die vorhandene Intelligenz zu vernachlässigen. Das Prinzip basiert auf vier Schritten, die in einer auf Ihrer Homepage frei verfügbaren pdf-Datei nachzulesen sind. Genauere Informationen finden sich dazu auch in Theresa Henkels Blog.
Aber jetzt die vier Schritte:

1. Die Bedeutung der Worte verstehen

In diesem Schritt verwendet Frau Birkenbihl einen Ansatz, den sie "Dekodieren" nennt. Der Fremdsprachige Text wird Wort für Wort übersetzt - ohne das Ziel zu haben, eine gute Übersetzung zu produzieren. Dadurch werden Dinge, die in der zu lernenden Sprache anders strukturiert sind als im Deutschen relativ schnell erkennbar. Man lernt in diesem Schritt, die Sprache so zu verwenden, wie Muttersprachler sie verwenden würden anstatt der Sprache die deutsche Struktur aufzwingen zu wollen.

2. Hören/ Aktiv

Die so erarbeitete "Übersetzung" ist die Grundlage für den zweiten Schritt, "Hören/ Aktiv". Der fremdsprachige Text - von Muttersprachlern aufgenommen - wird gehört und dazu die deutsche Übertragung gelesen. Dadurch wird der Klang der Wörter in der neuen Sprache mit der bekannten Bedeutung der deutschen Worte assoziiert. Dadurch werden die Wörter in der Fremdsprache mit der Bedeutung des Wortes und nicht mit dem Wort selbst verknüpft, wie in dem oben geschilderten, üblichen Ansatz. Die Sprache wird über die Bedeutung zugänglich.

3. Hören/ Passiv

Hören/ Passiv beinhaltet wie der Name schon sagt keine aktive Bemühung sondern beschränkt sich darauf, den bearbeiteten Text nebenbei zu hören, also während die Konzentration einer anderen Tätigkeit zugewand ist. Dieser Schritt kann längere Zeit in Anspruch nehmen und dient dazu, sich mit dem Klang der Sprache vertraut zu machen.

4. Weiteres Lernen

Erst im vierten Schritt werden alle weiteren Dinge angegangen, wie sprechen üben, schreiben eigener Texte und so weiter.

Diese Methode enthält einige interessante Ansätze und es ist durchaus möglich, dass sie die versprochenen Erfolge erzielt. Mit persönlich war Schritt 1. allerdings bisher immer zu aufwendig, so dass ich nicht auf wirkliche eigene Erfahrung verweisen kann. Einige darauf basierende Ansätze plane ich allerdings für meinen Versuch, die russische Sprache zu lernen, anzuwenden:

1. Hören, hören, hören

Aus meiner Sicht ist es das A und O jeder Bemühung, eine neue Sprache zu lernen, sich mit dem Klang dieser Sprache vertraut zu machen. Das ist - wie auch V. F. Birkenbihl in Ihrem Buch "Sprachenlernen leichtgemacht!" feststellt - der Weg, auf dem Babys den Klang ihrer Muttersprache lernen. Ich habe keine ausreichenden Kenntnisse über Neurologie um beurteilen zu können, ob das auch bei Erwachsenen noch dazu führen kann, die Sprache zu lernen, für die Aussprache ist es aber sicherlich förderlich. Deshalb nutze ich oft die Gelegenheit, Radio auf Russisch zu hören. Momentan verstehe ich nichts und kann nur einzelne, international verwendete Begriffe erkennen, z.B. спорт in den Nachrichten, was offensichtlich nichts anderes als Sport heißt. Aber ich gewöhne mich allmählich an den Klang der Sprache und hoffe - bei dem Ziel, dass ich mir gesetzt habe - den Radiosendungen in deutlich weniger als einem Jahr auch folgen zu können. Radio hören auf Russisch ist dabei dank Internet denkbar einfach, eine einfache Suche nach "russian radio" oder etwas ähnlichem gibt eine ganze Liste von Ergebnissen. In der Liste die ich verwende lässt sich gut zwischen Musikrichtungen auswählen und eben auch "News/ Talk", was für das Ziel eine Sprache zu lernen sicher zielführender ist.

2. Videos

Wenn meine Kenntnisse etwas vortgeschrittener sind, werde ich mir russische DVDs von Filmen, die ich bereits recht gut kenne besorgen. Das fügt dem hören noch das Sehen hinzu, ich sehe, über was gesprochen wird. Davon erhoffe ich mir einen weiteren Lernschub.

3. Dekodieren

Wenn ich einige gewisse Basis habe, werde ich mich eventuell doch an das "Dekodieren" heranwagen und den von Frau Birkenbihl vorgeschlagenen Ansatz verfolgen. Allerdings will ich erst auf mehr oder weniger klassischem Wege eine sprachliche Basis erreichen.

Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich der von mir für diesen Selbstversuch verfolgte Weg auf zwei Ansätze stützt. Zum einen werde ich den klassischen Ansatz verfolgen und versuchen, am Anfang einige wichtige Phrasen zu lernen und einige wichtige Vokabeln.
Zum anderen spielt das Hören eine entscheidende Bedeutung. Wann immer ich mich dafür motivieren kann, lasse ich im Hintergrund russischsprachiges Radio laufen. Wo immer ich aber kann und die Motivation dazu habe werde ich versuchen - gestützt auf die Methode von V. F. Birkenbihl - meinem Gehirn die Sprache in möglichst gut verdaulicher Form vorzulegen. Sonst habe ich keine Chance, das gesetzte Ziel mit dem gewählten zeitlichen Einsatz auch nur annähernd zu erreichen.

Keine Kommentare: